
Ein alltäglicher Anblick in der Serengeti um 7 Uhr morgens: Grün-gelb-gestreiften Ballons, manchmal fünf oder auch acht (je nach Besucheraufkommen) schweben über die Serengeti. (C) Serengeti Balloon Safaris
Es ist 4.15 Uhr und stockdunkel. Wir rumpeln von der Ost-Serengeti in die Seronera Area über die ziemlich schlechte Piste, die insbesondere bei Nacht schmerzt, wenn die Scheinwerfer nicht das ganze Ausmaß der Schlaglöcher, Fahrrillen und Unebenheiten erfassen.
„Hyänen!“ japst es im Auto. „Gleich neun!“ zählt Isaya, unser Fahrer. Wir verfallen danach wieder kollektiv ins Dösen, bis ein Serval in der dunklen, nebligen Nacht die Piste kreuzt. Die zahllosen Herden von Gnus und Zebras bleiben leider ebenso von den meisten im Auto unbemerkt.
Laut erstem Foto kommen wir gegen 6.20 Uhr an der Launching Site an. Die Geräuschkulisse ähnelt einer Landstraße irgendwo in Italien, die eine Gruppe Vespa-Fahrer entlangbraust, denn Mitarbeiter sind bereits damit beschäftigt, kalte Luft mittels Propellern in die liegenden Ballonhüllen zu blasen.
Die Sonne kündigt ihr Aufgehen an und erleuchtet die Szenerie in dramatischen Farben. Nur zwei Ballons sind heute im Einsatz, klar, es ist Ende März und vergleichsweise wenige Besucher befinden sich in der Zentral-Serengeti.
Captain Frank Bellantoni begrüßt uns herzlich, mit mehr als 30 Jahren Erfahrung als Heißluftballon-Pilot in der ganzen Welt sind wir in guten Händen.
Zwei Jahre wollte ich in der Serengeti bleiben, und jetzt fliege ich hier schon seit 15 Jahren…
Sagt doch alles über die Faszination Serengeti, der Frank erlegen ist.
Es folgt ein ausführliches Sicherheitsbriefing und die Einteilung in den Körben. In den 8 Passagierkammern finden insgesamt 16 Personen Platz. Wir haben Glück: Fast jeder im Heißluftballon hat heute eine Kammer für sich allein.

Kurz vor Sonnenaufgang finden sich alle Passagiere am Startplatz ein. Die ersten Fotos und Videos hatte ich noch in völliger Dunkelheit aufgenommen. (C) Serengeti Balloon Safaris

Der liegende Start sorgt bei uns für viel Erheiterung – und Erleichterung. Noch musste sich niemand die Blöße geben, über den Korbrand klettern zu müssen. (C) Serengeti Balloon Safaris

Das charakteristische Fauchen, wenn der Propangasbrenner Hitze in den Ballon katapultiert, begleitet uns die ganze Fahrt über. (C) Serengeti Balloon Safaris
Erhebend
Unsere Abfahrt verzögert sich. „Hakuna upepo,“ hören wir von Captain Frank. Kein Wind.
Endlich fordert uns Frank auf, in den Korb zu steigen. Um den Einstieg zu erleichtern, liegt der Korb. Jeder kennt die Kammer, die ihm zugeteilt wurde, Frank hatte vorher akribisch die Gewichts- und Platzverteilung durchgespielt. In jeder Kammer befindet sich eine Bank, man setzt sich also quasi am Rücken liegend auf die Bank, schnallt sich an und hält sich an den Schlaufen fest.
Noch im Liegen startet Frank den Propangasbrenner. Langsam füllt sich die Hülle, bläht sich auf und der Heißluftballon richtet sich auf. Nunmehr aufrecht verharren wir noch etwas am Boden, Nebel fällt ein. „It happens every blue moon,“ erklärt Frank sichtlich irritiert. Sehr selten also. Im Minutentakt feuert Frank Hitze in den Ballon.
Um 7.09 Uhr erheben wir uns schließlich in die Lüfte. Tutaonana baadaye, wir sehen uns später, ruft uns die Begleitmannschaft zu. Ganz sanft, fast unmerklich, schweben wir davon.
Meter um Meter steigen wir, die Grashalme werden immer kleiner, die Fernsicht immer grandioser.
Auf und ab
Die Fahrtrichtung lässt sich vom Piloten kaum beeinflussen, das erfahren wir heute am eigenen Leib. Normalerweise tragen die Winde die Heißluftballone von der Zentral-Serengeti in nordwestliche Richtung zu den malerischen Hügel- und Kopjes-Formationen. Ausgerechnet heute nicht.
Stattdessen driften wir in südliche Richtung, dahin, wo die Serengeti Plains endlos und nur sporadisch von Bäumen oder kleinen Kopjes durchzogen sind. Frank bemüht sich redlich um eine Kurskorrektur, doch er kann wenig ausrichten. Der Kapitän testet die verschiedenen Luftschichten, in denen der Wind unterschiedlich stark bläst, lässt uns steigen, dann wieder sinken. Aber uns treibt es partout gen Süden.
Dennoch: Gerade das abwechselnde Steigen und Sinken finde ich spannend. Mal schweben wir lautlos knapp über dem Boden, das Gras ist zum Greifen nah. Über dem Seronera River beobachten wir eine Gruppe Flusspferde. Als eine Hippo-Mama mit ihrem Jungtier ins Wasser steigt, blicken wir gebannt und mucksmäuschenstill minutenlang von oben zu.
Später gleiten wir auf 500, 600 m Höhe mit unendlich weitem Blick über der Serengeti. Die Höhe lässt zwar keine Detailbeobachtungen zu, aber eine Herde Elefanten in der Distanz fällt uns auf. Und einige Herden der Großen Migration.

In der Höhe ist keine Detailbeobachtung möglich. Aber das gesamte Ausmaß der epischen Serengeti offenbart sich. (C) Daniela Eiletz-Kaube

Gar nicht so selten werden Raubkatzen gesichtet, wie Geparden, Löwen oder – wie im Bild – Leoparden. (C) Serengeti Balloon Safaris
Was sieht man bei einer Ballonfahrt?
Grundsätzlich hängt jede Tierbeobachtung von Zufall und Glück ab, auch die aus dem Heißluftballon.
▶ Nur in Bodennähe sieht man tatsächlich Tiere. Welche Tiere zu sehen sind, hängt von der Saison und dem Ort der Ballonfahrt ab.
▶ Zebras und Gnus – mit Glück in großen Herden – sind gerade während der Migrationsmonate unter Garantie zu sehen, z. B. wenn Sie von der Ndutu Area im Januar oder der Kogatende Area im Juli fliegen.
▶ Elefanten fallen allein schon aufgrund ihrer Masse und Farbe auf und finden sich ganzjährig überall in der Serengeti.
▶ In der Nähe von Wasserläufen kann alles Mögliche ins Blickfeld kommen: Hippos, Elefanten, Raubkatzen. Denn jedes Tier muss ans Wasser und häufig laben sie sich morgens am Wasser.
▶ Während wir auf unserer Fahrt in Bodennähe waren, durchschritt eine Hyäne das Gras unter uns. Frank erzählt uns, dass er häufig Raubkatzen, allen voran Löwen oder Leoparden, sieht.
Gut getarnte, schmale Tiere, wie kleine Antilopen oder Gazellen, sind etwas schwieriger auszumachen, aber die Tierpfade durchs Gras sind sichtbar von oben.
▶ Hoch oben steht die Landschaft im Vordergrund. Die unendlichen Weiten, die Flussläufe, die Hügelketten in der Distanz.
Sanft gelandet
Wenigstens einen positiven Aspekt hat der fehlende Wind: Wir erfreuen uns einer sanften Landung.
Ganz zart, fast schon verhalten, setzen wir im hohen Gras um 8.41 Uhr auf, unweit von der Hauptpiste. Wir sind die Hauptattraktion in diesen Minuten: Autos bleiben stehen, Passagiere filmen uns.
Wenige Augenblicke später ist das Begleitfahrzeug an unserer Seite; es hatte uns während der Fahrt ständig im Auge. Wir warten einige Minuten, bis sich der Ballon sanft ins Gras legt und ihm langsam die Luft ausgeht.
„Es gibt keine elegante Art und Weise, den Ballon zu verlassen!“ scherzt Frank.
Frank hat recht: Spätestens jetzt sieht beim Ausstieg aus dem Korb niemand sonderlich behände oder geschickt aus.
Ein Gläschen Sekt in Ehren kann ich nicht verwehren. Dieses Ritual verdanken wir dem französischen König Ludwig, dem XVI., der die Bauern Ende des 18. Jahrhunderts mit Champagner beruhigen musste, wenn die damals noch unbekannten Flugobjekte namens Heißluftballon über ihre Köpfe gleiteten und auf ihren bestellten Feldern landeten.
Während wir an unserem Sprudelwasser nippen, spricht Frank das Ballonist Prayer, das Ballonfahrer-Gebet. Wir sind gerührt. Eigentlich doppelt gerührt, von Franks Gebet und dem wundervollen Erlebnis der Ballon-Safari.
Einen kurzen Transfer später sitzen wir an einer langen Tafel, trinken heißen Kaffee und bestellen ein Full English Breakfast.
In der Ferne marschiert eine Herde Elefanten in sicherer Distanz vorbei. Hätte der unvergessliche Vormittag besser enden können?

Mit einer GoPro, die an einem Seil befestigt ist, schießt Captain Frank die Aufnahmen in luftiger Höhe. (C) Frank Bellantoni, Serengeti Balloon Safaris
Ist eine Ballon-Safari den Preis wert?
Das lässt sich nicht einfach beantworten.
Denn eine Ballonfahrt lässt sich nicht primär unter dem Label „Tierbeobachtung“ bewerten. Sondern eher als Gesamterlebnis von 5-6 Stunden.
Zum Erlebnis „Ballon-Safari“ gehören
▶ Abholung durch das Ballon-Unternehmen, wo es die reelle Chance gibt, nachtaktive Tiere zu sehen
▶ 1–1,5 Stunden in der Luft, mit Tier- und Landschaftsbeobachtung
▶ Sekttaufe nach der Fahrt
▶ Busch-Sektbrunch in der offenen Savanne unter malerischen Schirmakazien
Ob Sie sich US$599 pro Person leisten möchten, hängt ganz von Ihnen ab. Stimmt, für den gleichen Preis könnten Sie locker Ihre Safari um einen Tag verlängern. Oder 2 Nächte auf Mafia Island dranzuhängen.
Aber gleichzeitig ist eine Ballon-Fahrt ein bleibendes Erlebnis, eines, an das Sie noch in vielen Jahren gerne zurückdenken. Ein einzigartiges Erlebnis, ein Unikat. Pirschfahrten oder Walking Safaris erleben Sie auf einer Safari auf täglicher Basis, aber eine Ballon-Safari nur einmal. Vielleicht sogar nur einmal im Leben oder zumindest nur einmal auf Safari. Denn Ballonfahrten werden nur an wenigen Orten in Afrika angeboten.
Für wen ist die Ballonfahrt über die Serengeti geeignet?
▶ Für Menschen, die staunen und genießen wollen.
▶ Für Menschen, die den Busch und die Landschaft aus einer anderen Perspektive erleben möchten.
▶ Für Menschen, die den Wert eines Erlebnisses anders bemessen als nach Geld-Einheiten.
▶ Für Menschen, die gerne die Welt von oben sehen – von Berggipfeln, Aussichtspunkten, im Helikopter oder von Fernsehtürmen.
Für wen ist die Ballonfahrt nicht geeignet?
▶ Für passionierte Fotografen, denn je nach Wind fährt der Ballon zu schnell, um genug Zeit für die Einstellungen zu haben.
▶ Für kühle Rechner. US$599 sind einfach zu viel Geld, mit dem man – wenn man kühl rechnet – eine Woche Urlaub in Griechenland machen kann.

Die Große Migration vom Heißluftballon aus zu beobachten, ist mit Sicherheit ein Höhepunkt einer Tansania-Reise. (C) Adobe Stock, Fei
Praktische Infos
In Tansania gibt es mehrere Standorte (und Anbieter) in der Serengeti (je nach Saison Ndutu, Seronera, Grumeti, Kogatende), im Tarangire National Park und im Ruaha National Park.
In anderen Ländern erheben Sie sich in der Masai Mara (Kenia), in Namibia über Sossusvlei oder in Südafrika über Kapstadt oder die Drakensberge.
Bester Anbieter
In der Serengeti bieten mehrere Unternehmen ihre Dienst an, Safari Insider empfiehlt aber ausnahmslos Serengeti Balloon Safaris.
Warum? Qualitativ die besten Heißluftballone (Anschaffungswert US$100.000), die nach 850 Stunden Ballonfahrt (ca. 2 Jahre) ausgemustert werden. Jeder Ballon wird von 17 Personen betrieben und serviciert. Nur erfahrene Piloten, die bestens ausgebildet sind (oder werden), dürfen fliegen, Sicherheit wird ernst genommen. Serengeti Balloon Safaris (bzw. deren Kunden) haben 2024 1 Mio US$ an Concession Fees an die Serengeti bezahlt, ein substanzieller Beitrag zum Erhalt und Schutz der Serengeti. Zudem unterstützt das Unternehmen zahlreiche Projekte in Sachen Naturschutz, Dorfentwicklung oder Förderung von Talenten.
Außer es regnet oder stürmt zu stark, wird das ganze Jahr gefahren.

Ich wünschte, wir hätten so ein tolles Licht gehabt, aber das Wetter sucht man sich bei einer Ballon-Safari bekanntlichermaßen nicht aus. (C) Serengeti Balloon Safaris
US$ 599 pro Person
Mindestens 1 Stunde, je nach Wind länger. Wir waren 1,5 Stunden in der Luft.
Kinder
Kinder müssen entweder 7 Jahre alt sein oder groß genug, um über den Korbrand blicken zu können (140 cm).
Übrigens
Der Ballon stört die Wildtiere nicht, da er lautlos schwebt (im Gegensatz zu Drohnen oder motorenbetriebenen Gefährten). Nur, wenn der Kapitän Ballon befeuert, gibt es ein kurzes Fauchen, an das sich die Tiere scheinbar gewöhnt haben, da ich nicht den Eindruck hatte, dass die Tiere das Weite suchen. Ganz im Gegenteil: Gelangweilt und unbeeindruckt grasten sie weiter, als wir uns ihnen in Bodennähe näherten.
Bei aller Begeisterung für Heißluftballone: Alleine für sich haben Sie die Lüfte leider nicht.
Am ehesten noch in den Nebensaisonen, beispielsweise im November oder Anfang Dezember. Oder im März, April oder Mai. Aber in den restlichen Monaten fliegen täglich mehrere Heißluftballone im Luftraum über der Serengeti.