Wild auf den Kafue National Park

Goldgelb leuchtet das Fell der zierlichen Puku-Weibchen. Die Antilopen leben vorwiegend in Feuchtgebieten.

Neugierig (oder aufmerksam) lugen die Puku-Weibchen durchs hohe Gras. Safety in numbers, bläut mir mein Guide ein. Das ist ihre Überlebensstrategie inmitten einer bunten Schar von Raubtieren, die sich an den zahllosen Antilopen-Gattungen im Kafue National Park laben. (C) Kaingu Lodge

Nichts. Also zumindest nichts, was an uns Menschen erinnert. Nur Savanne, Busch und Natur. Kilometerweit Wildnis. Ein Rudel Löwen döst vor dem Fahrzeug.

Wann habe ich eigentlich das letzte Fahrzeug gesehen? Und die letzten Touristen? Heute morgen beim Frühstück, aber auch nur zwischen Tür und Angel, denn ich kam viel zu spät zum Frühstück, während die passionierten Hobbyfotografen schon beim ersten Sonnenstrahl auf der Lauer liegen wollten.

Eine Wohltat, so viel Wildnis und so wenig Menschen.

Sozusagen natürliche Auslese: Ein verschwindend kleiner Bruchteil aller Safari-Interessierten schafft es überhaupt nach Sambia, und von diesen zieht nur ein Mini-Prozentsatz Kafue National Park in Betracht.

Große Klasse

310 km. Hört sich zunächst einmal gar nicht so viel an, ist aber die (ungefähre) Nord-Süd-Erstreckung des Parks (Luftlinie). Entspricht jener zwischen München und Frankfurt. Oder Genf und Bregenz. Wer von Passau kommend wie ein Vogel über Österreich in Richtung Marburg (Slowenien) fliegt, hat nach 265 km das österreichische Staatsgebiet wieder verlassen. Also doch ziemlich groß.

So groß, dass ein einziger Urlaub nicht ausreicht, um alles zu erleben.

Wer mindestens 3 Nächte in jeder empfehlenswerten Region bleibt, kann mit 15 Nächten rechnen. Sie müssen natürlich nicht alle Stationen anpeilen, zwei bis drei Standorte tun’s auch.

Von Pirschfahrten über Walking Safaris, Motorboot-Safaris, Kanu-Touren, ein Photographic Hide (Fotoversteck) in der Musekese Conservation bis hin zu Schlafen unterm freien Himmel, einem Baumhaus oder einem Elefanten-Waisenhaus ist für Abwechslung gesorgt. Mein persönlicher Tipp: Die mehrtägige Kanu-Tour der Kaingu Lodge!

Nanzhila Plains

In der südlichen Ecke des Parks, irgendwo im Nirgendwo, braucht man ganz schön viel Pioniergeist, um ein Camp zu betreiben. Mutig, denke ich mir. Vorausschauend und an die Sache glaubend, würde mir Familie Smith entgegenhalten, die Gründer und Betreiber des Nanzhila Plains Camp.

Mit Vielfalt punktet der Park, nicht immer mit schieren Tiermassen. Da ist auch der Süden keine Ausnahme.

Kaum irgendwo in Afrika leben so viele unterschiedlich Antilopen-Arten Horn an Horn. 12 Antilopen-Arten, von der Rappenantilopen über Kudus bis hin zu Elenantilopen und Oribi reicht die Palette, die selbstredend für Löwen, Geparden, Wildhunde und Leoparden einen reich gedeckten Tisch bedeuten. Flankiert von Hyänen, Elefanten, Zebras und natürlich den obligaten pumba (Warzenschweinen) sind die Safari-Leckerbissen zwischen Sümpfen, Wasserlöchern, Seen, Flussläufen, Inselchen und weiten, offenen Savannen verschwenderisch angerichtet.

Elefanten durchstreifen in kompakten Herden den südlichen Sektor des Kafue National Park.

Bis zu 200 Liter Wasser benötigt ein ausgewachsener Elefant pro Tag. Kein Wunder, dass sich Elefanten in der Nähe von Seen, Tümpel oder Flüssen herumtreiben. (C) Nanzhila Plains Camp

Am Lake Itezhi-Tezhi verlässt das Flusspferd in der Dämmerung das kühlende Nass. Der Hunger treibt das Hippo aus dem Wasser, denn es ernährt sich ausschließlich von Gras.

Wer macht nachts mehr Lärm als Flusspferde? Sie sind für mich der akustische Inbegriff von Afrika. Am Lake Itezhi-Tezhi gibt es sie übrigens zuhauf. (C) Konkamoya Lodge

Lake Itezhi-Tezhi

Eine optische Täuschung ein paar Stunden nördlich. Schaut aus wie ein Zungenbrecher, ist aber keiner. Lake Itezhi-Tezhi. [I–tetzi–tetzi], gar nicht so schwer. Der menschengemachte Stausee speist ein Wasserkraftwerk, das östlich vom See flussabwärts am Kafue River steht.

Zu Nanzhila Plains ist der See das komplette Kontrastprogramm.

Oder die perfekte Ergänzung. Anderes Habitat, andere Atmosphäre, andere Tiere.

Der Blick aufs Wasser, so weit wie ein Marathon. Baumstümpfe, die wie Bartstoppeln aus dem Wasser ragen. Flusspferde, Büffel. Ein ohrenschmeichelndes Vogelkonzert. Und natürlich Elefanten, die in kompakten Herden zum Wasser trotten. Oder bei stockfinsterer Nacht rund ums Zelt unheimliche Geräusche machen. Noch schlimmer: lautstark aneinandergeraten. Obendrein befindet sich hier die Kafue Release Facility des Elephant Orphanage, die mit Voranmeldung besucht werden kann. Vom Menschen gerettete Elefantenwaisen werden von dieser Station aus ausgewildert.

Central Kafue

Der Kafue River gurgelt und gluckst. Von meiner Veranda sehe ich direkt auf den grünbraunen Fluss, auf seine Kringel, sein Blubbern und Murmeln. Im Unterholz unter der Veranda knackst es. Könnte ein Flusspferd sein, hoffe ich. Ist es nicht, nur ein flinker Nilwaran. Bei der Motorboot-Safari später um 16 Uhr watet ein Elefantenbulle durchs Wasser. Der Guide erzählt mir von Löwen, die sich am Fluss laben, leider beschließen sie, während meines Aufenthalts nicht nach der Uhr durstig zu sein.

Bei aller Begeisterung: Dieser Teil fällt tiermäßig gegen die anderen Regionen ab. Weniger Ausbeute, aber mehr Entspannung und Ruhe. Einerseits, weil man getrost auch mal eine Pirschfahrt sausen lassen kann.

Andrerseits, weil das gleichmäßige Säuseln des Wassers dem Gemüt gut tut.

Wenn der Wasserstand des Kafue River sinkt, werden wunderschöne Steinformationen freigelegt. Je seichter der Abschnitt, desto mehr Flusspferde sind anwesend.

Als Nebenfluss des Zambezi River ist der Kafue River einer der längsten Flüsse Sambias. Ihn im Zuge einer Motorboot-Safari zu befahren, gehört zu einem der Highlights im Kafue National Park. (C) Kaingu Lodge

Musekese

Mehr als nur ein Camp. Lebensphilosophie oder Lebensprojekt beschreibt Musekese besser. Von zwei jungen, engagierten Guides und Naturschützern ins Leben gerufen, trifft in der Musekese Conservation mustergültiger Natur- und Tierschutz auf exzellentes Guiding.

Phil Jeffrey und Tyron McKeith hatten die Vision, einen kleinen Teil des Kafue National Park zu renaturieren und der unsäglichen Wilderei den Kampf anzusagen. Durch ihre kontinuierliche Arbeit (mit Anti-Wilderei-Patrouillen, Einbeziehung und Schulungen in den Anrainer-Dörfern, Forschung und Frauenprojekten) hat sich das vom Kafue River begrenzte Areal in den letzten Jahren zu einer Vorzeige-Naturschutz-Region des Landes entwickelt. Löwen, mehrere Rudel Wild Dogs. Elefanten, Krokodile, Flusspferde, Impalas, Puku, sowieso. Und Leoparden können fast schon garantiert werden.

Gäste schöpfen bei Pirschfahrten, Walking Safaris und Motorboot-Safaris am Oberlauf des Kafue River aus dem Vollen.

So beeindruckend, dass es für einen eigenen Urlaub reicht.

Wild Dogs, im Englischen auch Painted Wolves genannt, gehören zu den am meisten gefährdeten Wildtieren Afrikas. Sambia hat in den letzten Jahren einige Rudel diazugewonnen, unter anderem in mehreren Teilen des Kafue National Park.

Ein Wild Dog kommt niemals allein. Sondern immer in (mehr oder weniger) großen Rudeln. Sie zu beobachten und ihr Verhalten zu studieren, ist selbst für unbedarfte Safari-Laien ein Vergnügen. (C) Musekese Camp

Die Busanga Plains gelten als tierreichstes Gebiet des Kafue National Park. Sie enttäuschen praktisch nie, egal ob mit Antilopen, Vögel oder Raubkatzen.

Im Juli und August, wenn die Black Cotton Soil noch ausreichend Feuchtigkeit gespeichert hat, liegt bei Sonnenaufgang ein nebliger Schleier über den Busanga Plains. Immer ein tolles Fotomotiv! (C) Mukambi Safaris

Busanga Plains

Wie einen überdimensionalen, flachen See kann man sich die Busanga Plains vorstellen. Darin liegen unzählige größere und kleinere, etwa wenige Höhenmeter hohe Inseln. Außerdem durchpflügen eine Handvoll Wasserläufe, wie der Lufupa River, ein Nebenfluss des Kafue River, die Schwemmebene.

Ausschließlich von Juli bis Anfang November ist ein Besuch überhaupt möglich, die restliche Zeit steht das Areal unter Wasser. Mit den Regenfällen Mitte/Ende November erzeugt der Kafue River einen Rückstau, der den schmalen Lufupa River zum Überlaufen bringt. Je weiter die Regenzeit voranschreitet, umso mehr Wasser kommt aus den höher liegenden Grenzgebieten zum Kongo in die Plains. Bis zum Ende der Regenzeit, also etwa Ende Mai, sind die Ebenen von Busanga großflächig überschwemmt. Nach der Regenzeit trocknet das Gebiet graduell auf.

Erst ab Anfang August ist die Schwemmebene komplett trocken und vollständig für Geländewägen befahrbar. Wenn Sie im Juli in die Busanga Plains reisen, dürfen Sie sich auf einen abenteuerlichen Boot-Auto-Kombitransfer vom Airstrip freuen.

Nasse Füße lassen sich dabei oft  nicht vermeiden!

Aber was macht die Busanga Plains so besonders? Sie werden generell als tierreichstes Gebiet im Park gehandelt.

Der Grund? Auf der reichhaltigen, fruchtbaren Black Cotton Soil der Plains sprießt nährstoffhaltiges Gras, für eine Vielzahl von Grasfressern ein unwiderstehliches Festessen. Mit ihnen kommen Raubtiere in rauen Mengen, allen voran Löwen, Geparden, Leoparden, Hyänen und Schakale.

Und dennoch: Sie haben die Wildnis fast für sich allein.

Lechwe (Moorantilopen) leben Seite an Seite mit Pukus, die beide den Wasserböcken zugeordnet werden und in Feuchtgebieten und Schwemmebenen leben. Zebra und Gnus fühlen sich genau wie Busch- und Wasserböcke wohl. Pferdeantilopen (roan antelopes) und Rappenantilopen (sable antelopes) findet man anderswo im südlichen und östlichen Afrika kaum mehr. Da sich das Habitat nicht auf Grasebenen beschränkt, sondern auch Waldgebiete existieren, fühlt sich sogar die Kuhantilope (hartebeest) heimisch.

Interessant für Ornithologen ist der Umstand, dass sowohl Wasservögel als auch solche, die im Wald wie auch im Busch leben, hier vorkommen.

Vereinzelt können in den trockenen Monaten Elefanten gesichtet werden, die aber nasse Black Cotton Soil wie der Teufel das Weihwasser meiden. Die saure Erde verätzt nämlich ihre empfindlichen Fußsohlen.

Hoffnungsträger African Parks

Für den Kafue brechen rosige Zeiten an: Die Regierung hat 2022 das Management an African Parks übergeben. Für ganze 20 Jahre. Ihre Erfahrung und die enormen Budgetmittel werden für den Naturraum von unschätzbarem Wert sein.

Flugs hatte African Parks unzählige Pisten errichtet, mit dem Training von Anti-Wilderei-Einheiten begonnen, Funktürme aufgestellt und Gerätschaften wie Helikopter, Cessnas, Fahrzeuge oder Funkgeräte angeschafft. Dem Park wird der entschiedene Kampf gegen die illegale Wilderei guttun.

Mein Tipp: Besuchen Sie den Kafue National Park so schnell als möglich, solange es noch ein Geheimtipp ist!

Schicken Sie mir Ihre Reisewünsche unter info@safari-insider.com oder über das Anfrageformular.

Praktische Infos

Anreise & Transfers

Alle genannten Regionen außer die Busanga Plains sind per Straßentransfer erreichbar, aber weniger langwierig sind Inlandflüge. Zwischen den einzelnen Stationen können Straßentransfers gebucht werden, nur für die Busanga Plains empfehle ich den Luftweg.

Pro Region sind 3-4 Tage als Mindestaufenthalt empfehlenswert, je länger, desto besser (im Sinne von Slow Travel und nachhaltigem Reisen).

 

Reisezeit

Die Busanga Plains können ausschließlich von Anfang Juli bis Ende Oktober besucht werden. Camps in anderen Regionen können länger offenhalten, einige sind sogar ganzjährig zugänglich.

 

Unterkünfte

In jeder Region existieren Unterkünfte, die von landestypisch einfach bis hin zu 4-Stern-Charakter reichen. Der überwiegende Teil der Unterkünfte ist aber der einfachen und guten Mittelklasse zuzurechnen.

Eine Gruppen von Menschen steuert einer Herde Elefanten am Kafue River zu. Walking Safaris zählen zur Königsdisziplin für Safari-Guides in Afrika.

Die Komfortzone „Auto“ verlassen. Sich zu Fuß möglichst nahe und unbemerkt an die Tiere heranpirschen. Die Zusammenhänge in der Wildnis besser verstehen und weniger spektakuläre Details würdigen. Eine Walking Safari bleibt unvergessen, egal ob Sie eine Herde Elefanten ganz nahe oder nur scheue Antilopen in der Ferne sehen. (C) Musekese, Mana Meadows