Thomas, mein Guide, bremst unvermittelt. Ein Hippo wackelt wie ein monströser Dackel ohne Hängeohren über die Piste in der Seronera Area. Ein paar Aaahs und Oooohs begleiten das elektronische Klicken aus dem Wagen nebenan. Plötzlich donnert ein Ungetüm auf uns zu, das einem Hippo gar nicht so unähnlich ist. Ein Wassertankwagen brettert auf uns zu und paniert uns in Staub. Das Hippo hat sich zwischenzeitlich vom Acker gemacht.
Was macht ein Tankwagen in der Serengeti?
Der Wasserbedarf eines Camps ist enorm: Wasser zum Duschen und Waschen, für die Toiletten, zum Putzen, zum Kochen, zum Wäschewaschen, zum Trinken (nachdem es mehrmals gefiltert wurde) – aber nicht nur für die 20, 30 oder 50 Gäste im Camp, sondern auch für die Mannschaft hinter den Kulissen, also gut für 70, 80 Menschen pro Camp (und Tag!).
An die 4000 bis 6000 l Wasser Minimum verbraucht ein durchschnittliches Camp täglich. Vielleicht sogar mehr. Bei geschätzten 150 (oder saisonal bedingt doppelt so vielen) Camps in der Serengeti allein kommen da schwindelerregende Summen an Wasserverbrauch zusammen.
Das Wasser wird mit Pumpen aus den Flüssen und Wasserlöchern in den Parks entnommen. Wenn es ausreichend geregnet hat, können die Wasserläufe diese Menge verschmerzen, aber was, wenn es trocken bleibt? Wenn das Wetter verrückt spielt? Abgesehen davon fließt beispielsweise der Mara River, einer der vielen Flüsse der Serengeti, zunächst durch Kenia, wo er extensiv von den Anwohnern, der Landwirtschaft und touristischen Betrieben genutzt wird.
Gäste aus westlichen Ländern erachten Fließendwasser als Selbstverständlichkeit. Sie wollen auf den Komfort von Wasser nicht verzichten. Viele rümpfen bereits bei der für viele Teile Afrikas typischen Bucket Shower die Nase.
Bei den Preisen, die für Safaris anfallen, will man sich nicht auch noch bei der Wasserspülung fürs Klo oder beim Duschen einschränken müssen.
Wasser ist nicht selbstverständlich, das wird Besuchern vielleicht in Tansania oder Afrika klar. Deswegen bitte ich Sie inständig, zum Schutz der Ressourcen beizutragen. Wir kommen schließlich nach Afrika, um weitgehend intakte Natur zu genießen.
Ich habe ein paar einfach umzusetzende Ideen zusammengetragen, die zwar die Welt nicht retten werden, aber wenigstens zum Natur- und Umweltschutz in Afrika beitragen.
Eine echt nachhaltige Safari in Afrika beginnt und endet zu Hause
Vor der Reise
1. Kaufen Sie biologisch abbaubare Hygieneprodukte.
In Afrika existieren keine Kläranlagen; Schmutz- und Abwasser gelangt ungefiltert nach draußen und unten. Stichwort Mikroplastik. Stichwort Konservierungsstoffe. Nur wenige Unterkünfte verfügen über Wasseraufbereitungssysteme. Warum nicht? Hohe Kosten, schwierige Implementierung, fehlendes Know-How oder schlichtweg keine Möglichkeit, ein solches System im Land zu kaufen.
Klar, kein Hygiene- oder Kosmetikprodukt ist zu 100 % biologisch abbaubaubar, aber Naturkosmetik belastet die Umwelt in weit geringerem Maße als konventionelle Produkte.
2. Nutzen Sie Ihre eigenen, mitgebrachten Hygieneprodukte.
Gutzigutzigutziguuu … so klein und schon ein Toilettenartikel! Sie mögen den Anschein haben, praktisch zu sein oder gut zum Interieur des Bades passen. Aber in Ländern ohne funktionierende Müllentsorgung – und hier sind alle afrikanischen Länder damit gemeint – produzieren die als moderne Errungenschaft getarnten Produkte nur sinnlos Müll.
Greifen Sie lieber auf Ihre mitgebrachten Produkte zurück. Das reduziert Müll, möglicherweise Hautirritationen und mit Sicherheit die Verschmutzung des Grundwassers. Die Qualität Ihrer eigenen Hygieneartikel können Sie bestimmen, bei den Außen-hui-innen-pfui-Wegwerfartikeln handelt es sich überwiegend um billige, synthetische Ware.
3. Buchen Sie wenigstens ein Ökocamp auf Ihrer Reise.
Es muss ja nicht gleich für die ganze Reise sein. Ein paar Nächte tun’s auch. Auf Komfort verzichten kann ja nicht der Sinn von Urlaub sein, außerdem existieren nur wenige, echte Ökocamps in Afrika. Aber wenn Sie zwischendurch für ein paar Nächte ein solches buchen, schlagen Sie drei Fliegen mit einer Klappe: Sie reduzieren Ihren CO2-Fußabdruck, tragen zum Naturschutz bei und unterstützen karitative Nachbarschaftsprojekte. Wertvoller Lerneffekt: Man schätzt den „konventionellen“ Komfort danach umso mehr!
4. Buchen Sie ein Camp mit Bucket Shower.
Freuen Sie sich in den Nationalparks über Zeltcamps mit Bucket Shower, also eine Art Campingdusche, die bei Bedarf mit 20 l erhitztem Wasser gefüllt wird. Nur so kann der Wasserverbrauch limitiert werden!
5. Eine schlaue Reiseplanung ist die halbe Miete.
Planen Sie Ihre Reise nach Afrika so, dass die Anzahl der Flüge und lange Überlandfahrten reduziert werden und dass Sie stattdessen möglichst viele Aktivitäten außerhalb von motorbetriebenen Transportmitteln im Programm haben. Kanutouren, Wanderungen, Walking Safaris, Fahrradtouren, Dorfbesuche, kulturelle Programmpunkte … schließen Sie die Tür des Geländewagens und haben Sie Spaß in der Natur oder mit den Einheimischen!
Mehr Tipps für eine schlaue Reiseplanung finden Sie unter Slow Safari. Entschleunigte Reisen helfen Ihnen nicht nur beim Genießen, sondern belasten die Umwelt weniger.
6. Kompensieren Sie!
Über Sinn oder Unsinn lässt sich vortrefflich streiten. Natürlich wäre Verzicht am allergrünsten, aber wenn wir alle auf unsere Safaris und Afrika-Urlaube verzichten würden, verlören die Länder des globalen Südens dringend benötigte Einnahmen und Arbeitsplätze.
So gesehen ist ein Verzicht auf Reisen kontraproduktiv, es geht hier vielmehr um die Qualität des Reisens (viele Aktivitäten außerhalb von mit Benzin betriebenen Fahr- und Flugzeugen), um die Wahl der Unterkünfte (Ökocamps) oder um bewusstes Verhalten. Auf manche Dinge kann man aber nicht verzichten, wie auf internationale Flüge, benzinsaufende Geländewägen, auf Stadthotels mit Klimaanlagen.
Aber die CO2-Bilanz solcher Leistungsbestandteile könnten Sie monetär ausgleichen. Zu relativ überschaubaren Kosten (gemessen an den Gesamtkosten eines Afrika-Urlaubs). Mit den Einnahmen werden Wälder aufgeforstet, indigene Ethnien unterstützt und andere sinnvolle Ressourcen- oder Artenschutz-Projekte finanziert.
Seien Sie ein Vorbild. Alles, was Gäste nicht nachfragen, wird längerfristig nicht mehr angeboten. Importieren Sie Ihr Umweltbewusstsein nach Afrika!
Auf der Reise
7. Entsorgen Sie den Müll nicht im Urlaub!
Nehmen Sie möglichst wenig Einwegverpackungen mit auf die Reise. Entsorgen Sie den Müll idealerweise zu Hause (und nicht in Afrika), da es kaum korrektes Recycling gibt. Speziell Problemmüll (Sondermüll, Blechdosen, Verpackungen aus Metall oder Plastik) oder Batterien können in Afrika nicht adäquat entsorgt werden. Es gibt weder Mülltrennung noch Müllverbrennungsanlagen, im schlimmsten Fall verbrennt man die Stoffe am Lagerfeuer oder verbuddelt sie in einem Loch.
8. Nutzen Sie die Handtücher mehrere Tage.
Behalten Sie Ihre Handtücher für mehrere Tage, um beim Wassersparen zu helfen, speziell in Nationalparks und Naturräumen. Wasser ist in weiten Teilen Afrikas ein kostbares Gut, je weniger für Sie verbraucht wird, desto besser.
9. Duschen Sie in den Buschcamps nur einmal pro Tag.
Dieser Rat klingt vielleicht befremdlich in Ihren Ohren, aber aus vielerlei Gründen ist er durchaus praktikabel: Durch fehlende Schmutzpartikel in der Luft transpirieren Menschen weniger geruchsintensiv. T-Shirts können ruhig zwei, drei Tage getragen werden, ohne dass sie übermäßig geruchsbelästigend rüberkommen. Außerdem existieren weder ein Dresscode noch andere Vorschriften bezüglich Aufmachung oder Aussehen. Manchmal kommt man zu spät zum Abendessen, weil auf der Nachtpirschfahrt das Rudel Hyänen aktiver war als für den Essensplan zuträglich. Dann setzt man sich einfach ungeduscht an den Tisch. Und keinen stört’s.
10. Waschen Sie Haare und Wäsche lieber in den Städten.
Waschen Sie Wäsche und Haare lieber in den Städten und Ballungszentren, die am öffentlichen Wassernetz angeschlossen sind. Hier existieren noch am ehesten rudimentäre Abwassersysteme. Außerdem schadet man hier nicht direkt dem geschützten Naturraum.
11. Verzichten Sie auf Einweg-Plastikflaschen.
Verzichten Sie, wo immer möglich, auf Einweg-Plastikflaschen, z. B. durch nachfüllbare Trinkflaschen, die einige Camps und Veranstalter ausgeben. Notfalls sind die Trinkflaschen selbst von zu Hause mitzunehmen. Fragen Sie nach wiederbefüllbaren Flaschen, auch um Druck auf die Verantwortlichen auszuüben.
12. Bewusst essen
Fragen Sie am besten vor Ort nach, woher das Fleisch stammt. Sollte das Fleisch im Nachbarland oder noch weiter weg produziert worden sein, versuchen Sie, Ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Gut abgehangenes Schweine- oder Rindfleisch ist nicht überall erhältlich.
Natürlich spricht nichts gegen eine Fleischspeise, aber muss es jeden Tag sein? Die Länder des südlichen Afrikas haben häufig eine eigene Fleischproduktion (und gute Fleischqualität), aber gerade in Ostafrika muss Qualitätsfleisch oft aus Nairobi oder Südafrika eingeflogen werden.
13. Bewusst trinken
Verzichten Sie auf importierte Getränke, z. B. Weine aus Übersee. Ein französischer Rotwein schmeckt am besten in Europa, ein chilenischer in Südamerika. Jedes afrikanische Land hat eine eigene Bierproduktion, und die Weine aus Südafrika passen weit besser zu einer Safari in Afrika.
14. Bewusst auf Safari
Verweilen Sie länger an einem Ort, machen Sie weniger Kilometer auf Pirschfahrten. Es ist ein Irrglaube: Mehr Kilometer bedeutet nichts zwangsläufig mehr Tiere. Ganz im Gegenteil: Platzieren Sie sich bei einer Wasserstelle, bitten Sie den Guide, den Motor abzuschalten und warten Sie einfach, was passiert. Was für eine Wohltat und Entschleunigung!
15. Muss die Klimaanlage wirklich sein?
Lassen Sie die Klimaanlage ausgeschalten, wenn es sich einrichten lässt. Außer in den Ballungszentren, wo der Strom vom Netz kommt, müssen Dieselgeneratoren den Strom für sie erzeugen.
Bei unerträglicher Hitze binden Sie sich lieber ein nasses Tuch um die Hüften oder legen es um die Schultern. Die Verdunstungskälte kühlt unglaublich angenehm.
Mein ganz persönliches Fazit für umweltschonende Safaris
Ich persönlich empfinde Reisen in Afrika immer als befreiend.
Niemanden kümmert es, wenn mein Haar nicht perfekt sitzt (der Fahrtwind in den Fahrzeugen macht jegliche Styling-Versuche ohnehin zunichte). Kleidung muss nicht blitzeblank sauber sein, denn die nächste Staubwolke kommt bestimmt. Weniger (selbstverständlicher) Komfort bedeutet aber nicht unbedingt schlechter … im Gegenteil, dadurch schätze ich erst wieder die Selbstverständlichkeiten, die mir westliche Länder bieten. Die Komfortzone zu verlassen, macht mich zufriedener dem Errungenschaften des Westens gegenüber.
In Afrika freue ich mich auf einen guten Cappuccino in Graz, aber wie oft träume ich in meiner Badewanne zu Hause von einer scheinbar einfachen Bucket Shower mit Blick auf das Luangwa Valley.
Versuchen Sie es bei Ihrer nächsten Afrika-Reise! Sie werden sehen, Ihnen bleibt die Reise – trotz gewisser Einschränkungen der Natur und den Ressourcen zuliebe – viel eindrücklicher in Erinnerung.