„Ich bin ja kein Neokolonialist, dass ich die Einheimischen für mich schuften lasse,“ erklärte mir einmal ein honoriger Herr, der partout auf eine völlig eigenständige Selbstfahrerreise in Tansania pochte.
Hmmm, schwierig, darauf schnell eine sachliche Antwort zu finden.
Ich höre solche Ansichten hin und wieder. Natürlich, die Reisenden sind es aus Asien oder Südamerika gewöhnt, dass sie auf sich gestellt reisen können. Und stoßen sich daran, dass man im südlichen und östlichen Afrika (gefühlt) kaum einen Schritt ohne Guide machen kann. Sie wollen als Selbstfahrer unterwegs sein, und Wanderungen oder Stadttouren ohne einheimische Reisebegleiter erleben.
Aus meiner Meinung übers Selbstfahren im östlichen Afrika mache ich keinen Hehl. Lesen Sie nach, warum.
Natürlich ist es möglich, ohne Guides komplett eigenständig in Afrika zu reisen (als Selbstfahrer oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln), das streite ich nicht ab. Aber Ihre Reise erhält dadurch einen anderen Charakter.
Ohne Guides in Afrika unterwegs zu sein bedeutet (für mich) Abstriche bei Erlebniswert, Sicherheit, Komfort und Einblicke in den Alltag. Punkt. Ohne Guide unterwegs zu sein, bedeutet wenig vom echten Leben zu erfahren. Gute, eloquente Begleiter schlagen Brücken zwischen Kulturen, „übersetzen“ Eindrücke und „erklären“ das „Unerklärliche“. Ganz abgesehen vom fachlichem Wissen, was Fauna und Flora anbelangt.
Ich selbst bin immer – und vor allem bewusst – mit Guides unterwegs. Obwohl ich mit der Kultur, dem Alltag, den Menschen, dem Leben oder auch den Tieren schon seit 20 Jahren vertraut bin, erfahre ich jedes Mal etwas Neues.
Was ist so ein „ominöser“ Guide überhaupt?
Grundsätzlich ist ein Guide jemand, der Gäste durchs Land oder bei Aktivitäten begleitet. Bon geprüften und lizensierten Safari Guides bis hin zu Kameraden, die einem helfen, die Busabfahrten zu eruieren. In vielen Fällen handelt es sich um Männer, obwohl gerade im ernsthaften Safari Guiding die Frauen immer stärker in das Metier drängen.
Für alle Guides (egal, wie gut oder gebildet sie sind) gilt: Sie gehen einer regelmäßigen Erwerbsarbeit nach, beziehen dafür Gehalt (oder Einkommen) und können somit für ihre Familie ernähren, die Kinder auf die Schule schicken und Arztrechnungen bezahlen.
Allein schon dieser Umstand befürwortet das Reisen mit Guides.
Mit einem Guide sind Sie immer viel näher dran am „echten“ Afrika. Nicht dem Afrika, wie Sie es interpretieren. Sondern wie die Einheimischen es sehen.
Vorsicht bei den Verzweifelten
Am Strand von Sansibar, in Arusha in der Boma Road vor dem Tourismusamt oder in Kampala vor dem Souvenirmarkt drängen sich junge Männer als Guide auf. Mit verlockend billigen Touren oder Ausflügen. Sie bieten Ihnen an, Sie durch die Stadt zu lotsen. Oder bestimmte Orte zu erreichen. Glücksritter, Schulabbrecher, manchmal Drogenabhängige. Junge, smarte Männer aus armen Familien, wo kein Geld für Ausbildung vorhanden war. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Perspektiven schlecht. Gut bezahlte Vertragsjobs sind dünn gesät, daher versprechen Touristen ein gutes Einkommen, wenn auch ein unregelmäßiges.
Bei einigen dieser selbsternannten Guides ist Vorsicht geboten, es kursieren unzählige Erzählungen von Hinterhalten oder Spielchen, die die Touristen ihr ganzes Geld kosteten.
Andere wiederum sind smart und kompetent und entpuppen sich als nette Begleitung.
Safari-Insider-Tipp: Es kommt auf Ihre Persönlichkeit an, ob Sie solchen Guides Arbeit und Geld geben wollen. Und auf Ihre Art zu reisen. Wenn Sie mit wenig Gepäck und Wertsachen Lust auf Abenteuer haben und wochenlang lang mit öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch Afrika trampen wollen, dann könnte so ein Gefährte gut zu Ihnen passen.
Die Strammen
Mountain Guides gibt es überall dort, wo es Berge hat. Und den Wunsch der Ausländer, diese zu erklimmen: am Kilimanjaro, am Mount Kenya, in den Ruwenzori Mountains.
Ihre Laufbahn beginnt in der Regel als Träger; sie dienen sich in der Hierarchie hoch. Medizinische, botanische oder metereologische Kenntisse dürfen Bergsteiger von ihnen nicht erwarten. Aber sie haben Erfahrung mit dem Berg und sind angenehme, besorgte und aufmerksame Begleiter beim Gipfelsturm. Gute Bergguides drosseln das Tempo (falls der Schützling sich übernimmt), sind Motivationsexperten (falls der Gipfel nicht näher kommen will) und stehen Bergwanderern mit Rat und Tat zur Seite.
Oft höre ich den Einwand von erfahrenen Wanderern, dass sie ohnehin ausreichend Erfahrung in den Bergen hätten, weshalb sie auf Bergguides verzichten könnten. Freilich, alpinistische Kenntnisse haben die ausländischen Besucher vermutlich dadurch größere. Aber Wissen über afrikanische Berge fehlt gänzlich. Es gibt weder gut gewarteten Wege vom Alpenverein noch eine Bergrettung, die im Notfall per Anruf mit dem Hubschrauber anrückt. Der Großteil der ausländischen Kilimanjaro-Bezwinger ist noch nie höher als 4000 m gewandert.
Einheimische Erfahrung wiegt immer höher als vermeintliche Überlegenheit von Touristen. Ihr Guide könnte sie davon abhalten, lebensgefährliche Entscheidungen zu treffen. Menschen am Berg können nämlich verdammt unvernünftig sein. Wenn sie ihre eigenen Kräfte überschätzen. Oder nicht aufgeben wollen, weil sie ja so viel Geld für die Besteigung bezahlt haben.
Die Königsklasse: Die Kompetenten
Khakifarbene Uniform, ein Fernglas und ein wandelndes Lexikon – so stellt man sich die typischen Safari-Guides vor. Und die meisten Safari Guides enttäuschen nicht.
Die Qualität und das Wissen der Guides variiert von Land zu Land, aber unzweifelhaft die besten Guides des Kontinents stammen aus Simbabwe. Mit dem härtesten, längsten Training Afrikas und den herausforderndsten Prüfungen, die eine ganze Woche im Busch dauern. Das schaffen nur die Besten.
Je nachdem, ob Sie eine Drive-in-Safari (wie in Tansania, Kenia oder Uganda) oder eine Fly-In-Safari (üblich in Sambia, Simbabwe oder auch Botswana) buchen, verändert sich die Job Description eines Guides.
Gute Guides sind wie die Kirsche auf dem Schoko-Muffin: Sie versüßen das Ganze ungemein.
Sie haben eine Drive-In-Safari gebucht?
Multitasking ist das Zauberwort. Er hat ein größeres Aufgabengebiet als „nur“ kundiger Fauna- und Flora-Erklärer zu sein.
Er holt Sie vom Flughafen ab, koordiniert die Transfers und hat wertvolle Ortskenntnisse. Er leitet bei den Check-Ins für Sie alles in die Wege, ist mit Ihrem kompletten Programm vertraut und ist erster Ansprechpartner bei Problemen. Er beantwortet bereitwillig Fragen über den Alltag, verhandelt mit den Polizisten auf der Straße und schätzt die Distanzen für die Autofahrten realistisch ein.
Je nach Tagesprogramm ist er vermutlich mindestens 12 Stunden an Ihrer Seite. Sein definierter Arbeitsplatz ist das Fahrzeug. Sobald es Programmpunkte außerhalb des Fahrzeugs gibt, kommen andere – externe – Guides ins Spiel, z. B. Wanderguides, Dorfguides oder auch Activity Guides. Sie werden zusätzlich gebucht.
Nach der Rundreise mit Ihnen kehrt Ihr Guide zurück an den Ausgangsort, z. B. Arusha, Nairobi oder Entebbe, bringt das Fahrzeug zurück in die Firma und ist ein paar Tage bei seiner Familie, bevor er mit neuen Gästen erneut ausrückt.
Bei Fly-In-Safaris verfolgt Ihr Guide seine Kernaufgaben
Fly-In-Safaris hingegen sind etwas anders „gestrickt“. Hier hat Ihr Guide primär die Funktion, mit Kompetenz und Wissen über den Busch zu glänzen und die Tierbeobachtung für Sie zum unvergesslichen Erlebnis zu machen.
Für die praktischen Dinge und die Koordination des Reiseprogramms sind andere im Camp zuständig, z.B. der Gästemanager oder die Camp-Manager.
Die Guides leben über längere Zeiträume im jeweiligen Camp, meist fernab von der Familie und den Kindern. Die Fahrzeuge gehören zum jeweiligen Camp.
Sollten Sie Walking Safaris im Programm haben, wird sie entweder Ihr Guide (sofern er die Qualifikation dafür hat) oder ein anderer, qualifizierter Guide im Camp durchführen.
Boat Guides sind häufig Guide-Anwärter oder noch nicht ganz so erfahrene oder ausgebildete Guides. Manchmal übernimmt aber auch Ihr Guide für Pirschfahrten und Walking Safaris die Boat Safari. Hängt vom Land und dem jeweiligen Camp ab.
Mein ganz persönliches Fazit bezüglich Guides
Eine eindrückliche Safari steht und fällt mit dem Guide bzw. den Guides, davon bin ich überzeugt.
Viele Gäste sehen das auch so. Wenn ein Feedback-Email damit beginnt, dass sie sich „keinen besseren Guide als Frankie“ wünschen hätten können, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe.
Von neokolonistischem Gehabe kann keine Spur sein. Ganz im Gegenteil. Sie unterstützen die würdevollste Art und Weise, seine eigene Familie zu ernähren: mit dem Gehalt aus eigener Arbeit.
Viel schlimmer finde ich es, wenn Touristen in Afrika oder Asien reisen, ohne die Dienste von Guides in Anspruch zu nehmen. Speziell in Ländern des globalen Südens ist der Tourismus eine von wenigen Möglichkeiten, mehr als nur Almosen zu verdienen.
Selbstfahrer tragen nichts zum Wohle der Einheimischen bei, besonders nicht, wenn sie spontan reisen, campieren oder gar mit dem eigenen Dachzelt unterwegs sind.
Betrachten Sie Guides einfach als Investition ins „Leben“: Sie als Gast sichern das Überleben ihrer Familien. Die Guides gewährleisten im Gegenzug, dass Sie einen außergewöhnlichen Aufenthalt – wo auch immer – in Afrika haben. Sie sichern sogar Ihr Überleben im Ernstfall – der hoffentlich nie eintritt.